"Katholisch"

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Eine Botschaft, die um die Welt getragen werden sollte.

Eine radikale Absage an einen Gesellschaftsvertrag.

Nach der Erzählung war es Thomas, einer der zwölf Apostel des Nazareners, der Jesus nicht erkannte. Er konnte ihn auch nicht erkennen, denn Jesus starb am Kreuz und sein Leichnam wurde in ein Grab gelegt. Damit hätte die Erzählung enden können, denn die Frohbotschaft, die Berg- bzw. Feldpredigt allein wäre tauglich gewesen, di Welt zu verändern.

Dass das Grab später leer war ist eine Geschichte, die einen christlichen Mythos begründete, der das richtungsweisende Wirken des Nazareners, eines Menschen, bei dem es völlig gleichgültig war, wie er hieß oder an welchen Ort er wirkte, diese Idee grauenvoll ausgelöscht werden sollte. Den Grabschändern sollte nicht gefolgt werden. Friedhöfe sind eine besondere Stätte. Dort herrsche Frieden und sonst nichts. Das Wirken des Nazareners kann auch nicht ausgelöscht werden, wie die Wahrheit nicht ausgelöscht werden kann. Giambattista Vico zeigt mit seinen Überlegungen "Wahr ist es, weil es gemacht ist." durchaus in die richtige Richtung. Der Einzelne kann keine Welt schaffen, das kann nur ein Geistwesen, das einem einzigen Gott ähnlich ist.

Thomas war ein Apostel, der den einzigen logischen Wahrheitsbegriff, der erst 1600 Jahre später von Vico formuliert wurde, vorwegnahm: Wahr ist, was du selber gemacht, was du zumindest mit eigenen Augen gesehen hast, wobei letzteres Vicos strengem Wahrheitsbegriff bereits zuwiderläuft: Lassen wir es gelten. Johannes berichtet auch nicht darüber, ob Thomas der Aufforderung dieses unbekannten Mannes, seine Hände in seine Wunden zu legen, gefolgt ist. Johannes schreibt nur, dass Thomas ab dieser Aufforderung glaubte und diesen unbekannten Mann jetzt, wie die anderen auch, Christus nannte und ihm folgte. Als "Geheimnis des Glaubens" ist dieser Mythos in die Weltgeschichte eingegangen. Paulus legt mit seinem Damaskuserlebnis noch eine Geschichte drauf und versuchte, das wirkliche Leben und vor allem die Bergpredigt des Nazareners in seinem Wesensgehalt auszulöschen.

Dem Nazarener musste man allerdings nicht erst das Elend der Welt vor Augen führen, wie einem Thomas Halig, der erst das Elend sehen musste, bevor er glaubte; Jesus wusste vom Elend, wie auch damals und immer jeder vom Elend weiß, das in der Welt herrscht.

Jesus warnte vor den Pharisäern, die vom Elend berichten, ohne täglich gegen das Elend zu handeln: „Was du nicht meinen Brüdern und Schwestern getan hast, das hast du mir auch nicht getan.“ Die Frage, ob dieser Jesus Gottes Sohn war, ist unwichtig. Er wird das geglaubt haben. Nie zuvor und nie danach kam einer, der wie er die Grundlagen für eine Gesellschaft der Freien und Gleichen legen konnte. Matthäus schreibt, dass Jesus am Kreuz nach ihm rief: „Vater, warum hast du mich verlassen?“ und Gott nicht antwortete.

Gott ist anders, das wusste vermutlich Jesus der Nazarener nicht. Ein Leben, das die Leiden der Anderen ignoriert, ist ein Leben im Falschen: Das lehrte uns der Nazarener. Gott, seine Liebe und unsere Liebe zu ihm, müssen wir selber ergründen. Diese Forschung und dieses Studium nimmt uns keiner ab. Wir wissen nur, wenn wir in die noch von Menschenhand unberührte Natur schauen, dass er ein wunderbarer, ein großer, ein friedfertiger Gott sein muss.