Jesus musste das Kreuz tragen,

das wollte er nicht, er musste es tun: Pontius Pilatus hat ihn zum Tode verurteilt nachdem die Juden gefordert haben: Kreuzige ihn. Jesus hatte zuvor gegen viele Gesetze der Juden verstoßen. Nie setzte er sich über das Gesetz der Juden, aber er gehorchte nicht allen Gesetzen. Er stellte sich aber nicht ins Abseits: Im Gegenteil, er wirkte mindestens ein Jahr lang im besetzten Palästina, bevor er von seinen Anhängern an die römische Besatzungsmacht verraten wurde.

Weshalb Paulus Jahrzehnte später schrieb, dass Jesus für uns gestorben sei und den Menschen damit die Sünden der Welt genommen habe, können wir bei denen, die mit Jesus waren, nicht nachlesen. Paulus, der eigentlich Saulus hieß und auch ein jüdischer Saulus und schon gar nicht ein Apostel von Jesus war, lehrte dies. Er war ein Eiferer und schrieb deshalb Briefe, die in derartiger Form nie von den Evangelisten geschrieben wurden. Paulus gründete sogar ganze Gemeinden. Er war erfolgreicher als Jesus, empfing seine Botschaft angeblich direkt von Gott, den er auch in seinem berühmt gewordenen Römerbrief den Römern empfahl.

Paulus war von einem Christus besessen, verkündete durch seinen Christus das Wort Gottes, berief sich auf Jesus, dem er begegnet sei, obwohl er zu Lebzeiten des Nazareners noch gar nicht gelebt hat. Seine Botschaft ist Mythos und bilden einen fundamentalen Gegensatz zum Logos. Wenn wir wahrhaft bleiben wollen, sollten wir den Nazarener studieren, von dem Matthäus und Lukas berichten. Diese verkünden eine Welt, die menschlich und vernünftig wäre, wenn sie logisch sein dürfte, was sie aber nicht sein darf. De servo arbitrio, wie das Luther schrieb, bestimmt die Menschen.

Markus und Johannes berichten auch über ihn; aber die entscheidende Überlieferung, die das Wirken des Nazareners beschreibt, ist die Bergpredigt. Hier unterscheidet sich Jesus von Nazareth von den Christen, was aber dann doch mehr in ein theologisches Buch gehört als in das Buch „Ende der Revolutionen“, das dem Logos folgt und vom Mythos nur berichtet.

Heute setzen wir ein Kreuz an die Stelle, an der eine politische Partei für unsere Willenserklärung wirbt, so dass die Politiker dieser Partei herrschen können. Sie herrschen natürlich nicht wirklich. Ähnlich wie diesen Pontius Pilatus kann man die Politiker als Statthalter des Kapitals auffassen. Sofern die Meisten ein Kreuz gesetzt haben, kommen sie sicher zum Zug.

Keiner unterschreibt heute den Wahlzettel mit dem eigen Namen, obwohl die meisten Menschen im 21. Jahrhundert im Alter von 18 Jahren ihren Namen schreiben könnten. Eine Wahl ist eine Besonderheit im bürgerlichen Vertragsrecht. Die Stimme zählt auch ohne Namensnennung. Wie bei einem Analphabeten genügt ein Kreuz. Das steht im Gesetz und soll natürlich auch dafür sorgen, dass das Wahlgeheimnis gewahrt bleibt, obwohl das eigentlich nicht entscheidend ist. Es zeugt lediglich davon, dass den Herrschenden nicht zu trauen ist.

Anders als beim Nazarener ist es auch umgekehrt. Die Politiker sterben nicht für uns, wenn in unserem Namen ihr Wille geschieht und die Gewählten mit ihren Söldnerheeren in den Krieg ziehen oder, was vielleicht noch schlimmer ist, in unserem Namen die Erde weiter ausbeuten und den Verbrennungskapitalismus weiter anheizen, obwohl das Klima sich längst nachweislich ändert. Sie hören heute nicht mehr hin wenn einer sagt, dass das Gottes Erde ist, dass Gott sie erschaffen hat und keiner das Recht hat, sich an seiner Natur zu versündigen: Hier sagen sie, Gott sei ein Mythos.

Angesichts des Klimawandels sollte überlegt werden, ob jetzt nicht logischer der Mythos vorzuziehen ist, wenn wir künftig leben wollen. Spätestens jetzt sollte der fundamentale Unterschied zwischen Mythos und Logos außer Acht gelassen werden. Das erinnern an seinen Kreuzestod, sein Haupt voll Blut und Wunden soll uns mahnen:

Wir setzen das Kreuz und wir sterben, wenn es soweit ist.

Sie werden nicht unser Kreuz tragen, wie er das Kreuz getragen hat. Das sollten wir bedenken und nicht vergessen. Er hat uns nicht erlöst, er hat uns nur die Richtung gezeigt, in die wir gehen sollen. Wir müssen nicht in diese Richtung gehen; wir haben einen freien Willen. Das ist nicht einfach zu begreifen und die meisten wollen es nicht begreifen. Deshalb musste er das Kreuz tragen und sterben. Er hat uns nicht erlöst.

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