« Warum sollte jetzt bei Matthäus gelesen werden? | Startseite | Postmoderne Obrigkeit »
Sonntag, 05 April, 2020
Gleichnis von den Schafen und Böcken
Sie wissen nicht was sie tun. Sie glauben einfach nur. Sie hätten die Türen nicht verschließen dürfen.
Das aber vestößt gegen ihren Glauben, ihren Glauben im Innersten: Sie gehorchen!
Das war einmal nicht bei allen so. Da gab es auch junge Pastoren, die nicht lügen, auch wenn das der EKD-Ratsvorsitzende in einem Interview, das am 05.04.2020 im Radio ausgestrahlt wurde, ihnen vor macht: "Unsere Kirchen sind offen. Man müsse noch nicht einmal die Türklinge anfassen". Mein Gott, die übertreiben es in Deutschland. Jetzt öffnen sich die Kirchentüren wie in den Krankenhäusern auch automatisch, wenn man eintreten will und Schutz sucht. Das wird er gedacht haben, der Lampedusa-Flüchtling, der das hörte, als er auf dem Weg zur Kirche war. Wieder sucht er Schutz. Er braucht ihn gerade jetzt, wo es so leer auf den Straßen in St. Pauli ist und er erkannt werden kann.
Das war im Jahr 2013 anders. Aber das versteht ein Flüchtling aus Lampedusa nicht, der nicht bei Luther gelesen hat.
Damals suchten mehr als 80 Flüchtlinge in der Kirche von St.Pauli Schutz. Sie fanden einen Platz, der nicht im Privateigentum des Staates, sondern im Privateigentum der Kirche war. Das war für die Flüchtlinge aus Lampedusa entscheidend: Auf dem Privatgrund des Staates hätte man sie sofort abgeführt und eingesperrt. Wegen Hausfriedensbruch, der aber in diesem Fall verschärft Landfriedensbruch genannt wird. Dieser Tatbestand stand zum ersten Mal in der Geschichte in der "Empörerordnung". Im Jahr 1514 , also 11 Jahre bevor Luther in Worms erklärte, was künftig Sache ist und den Katholiken mitteilte, dass ihre Macht ab jetzt durch ihn gebrochen werde und die Zeit des "Balances of Power" anbrechen wird; der Pontifex Maximus soll sich schleichen. Die brach dann auch wirklich aus und aus den Friedfertigen des Matthäus wurden Friedensverfertiger, wie das der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber anlässlich der 500 Jahrfeier Luthers in der Michaeliskirche in Hamburg den Gläubigen gelehrt hat.
Die Empörerordnung von 1514 war Teil des Vertrags, der zwischen den württembergischen Landständen und Herzog Ulrich geschlossen wurde. Ulrich sicherte sich in diesem Vertrag die Unterstützung der sogenannten Ehrbarkeit, dem Patrizitat der Städte bei der Niederschlagung der Rebellion des Armen Konrads zu. Die gehorchten dann auch der Obrigkeit, wie Paulus das verlangt hat. Als der Arme Konrad auf der Straße erkannt wurde, haben sie ihm den Kopf abgeschlagen. Ehrbare Bürger, die im Glauben an Paulus, Knecht Jesus Christus, der Obrigkeit gehorchten und das Schwert führten, das den Kopf vom Hals trennt. Das war nicht der Ulrich, das waren Bürger.
Nicht alle gehorchten sofort. Er muss noch die Revolte im Kopf gehabt haben, von der Albert Camus schrieb, als er den Kirchgarten öffnete und die Flüchtlinge dort, auf sicher geglaubtem Boden, ihre Zelte aufstellten. Der Boden aber, auf dem sie ihre Zelte aufstellten, war keine Allmende. Die hat damals der Ulrich den Bauern schon weggenommen, weshalb doch diese Empörerordnung verfasst werden musste. Das haben die Protestanten alles vergessen. Aber die Katholiken vergessen das nicht. Die sehen, die glauben nicht. Das wird für die Katholischen nicht gelten, das gilt für die Katholiken.
Als es regnete hat er seine Kirche geöffnet und sie hereingebeten. Dieser Pastor muss bei Matthäus und Lukas gelesen und den Paulus an diesen Tagen unters Bett geschoben haben. Nachts schlief er schlecht. Er konnte wegen seiner theologischen Ausbildung aber nicht erkennen, dass es der Paulus war, weshalb er schlecht geschlafen hat. Er hätte ihn nicht unters Bett schieben dürfen.
Als es draußen regnete und die Presse allen Hamburgern von diesem Skandal berichtete, begann drinnen ein politisches Ringen, aus dem der junge Pastor geläutert hervorging. Jetzt kannte er wenigstens die Sache mit der Allmende und auch, wozu diese Empörerordnung taugt. Er wird wieder dem EKD-Vorsitzenden folgen und künftig bei ihm lesen. Albert Camus wird er nicht mehr lesen, solche Ketzer hält er nicht aus. Solch einen ketzerischen Kopf haben sie ihm abgeschlagen.